Kein Urlaub! Ein Sabbatical!

Meine Lieben,

ich mache keinen Urlaub!

Ich kann meine Reise allein schon deshalb nicht Urlaub nennen, weil ich allein unterwegs bin, ohne meine Familie bei mir zu haben 🙁 Was für ein Urlaub könnte das schon sein?

In einem Urlaub achte ich tendenziell weniger auf eine gesunde und kalorienarme Ernährung als zu Hause; auch bin ich dann eher faul und denke nicht unbedingt daran, mich ausreichend zu bewegen, Rückengymnastik gegen die Schmerzen zu machen oder gegen Angst und Trübsal anzumeditieren – im Urlaub würde ich wahrscheinlich einfach mehr Alkohol trinken.

Nein, das wird kein Urlaub.

Ich mache ein Sabbatical!

Ein Sabbatical oder „Sabbatjahr“, so erklärt es Wikipedia, ist ein Arbeitszeitmodell für einen längeren Sonderurlaub.

Der aus den USA stammende Begriff sabbatical (von hebräisch schabat: ‚aufhören‘, ‚ruhen‘), nach dem Sabbatjahr in der Tora (Bibel), wurde von Professoren an US-amerikanischen Universitäten als Begriff für ein Forschungssemester oder Freisemester geprägt.

Im weiteren Sinne beschreibt Sabbatical/Sabbatjahr oder auch gap year einen Zeitraum der Freistellung, umgangssprachlich auch Auszeit genannt.

Ich mag ja grundsätzlich ein sehr glücklicher Mensch sein – aber so wie die letzten 25 Jahre ging es nicht weiter!

Seit Ende der 90er Jahre arbeite ich im Software-Management, und obwohl ich die Arbeit, die anderen Menschen und auch den branchentypischen Umgang miteinander grundsätzlich sehr schätze, ist es immer auch Stress – ewig droht die Deadline, nie reicht das Budget, und die Aufregung vor dem nächsten Launch ist immer groß.

Seit 2009 arbeite ich freiberuflich, also selbständig – wir Selbständigen beschreiben es so: Man arbeitet selbst, und ständig!

Bezahlten Urlaub oder bezahlte Abwesenheit wegen Krankheit kenne ich seitdem nicht mehr, und wenn ich nicht rechtzeitig einen neuen Auftrag für mich auftue, dann kommt nach dem Ende eines Projektes erstmal kein Geld rein. Gar keins.

Die Arbeit selbst liebe ich, es gibt nichts, was ich stattdessen tun wollte – aber der Job als Unternehmensberater und Interim-Manager ist schon auch nicht ohne: Man muss sich mehrmals im Jahr immer wieder neu in eine Aufgabe und ein Umfeld einarbeiten, steht dort unter einigem Druck, und wird als Externer auch gerne mal als Sündebock misbraucht.

Dazu kommen als Einzelunternehmen alle Aufgaben, die auch ein größeres Unternehmen hat – Abrechnung, Buchhaltung, Steuern, Werbung, Akquise, Cashflow-Planung, Rücklagenbildung…

(Letzteres habe ich nicht in dem Umfang praktiziert, wie ich ursprünglich geplant hatte, dafür wollten zu viele hungrige Mäuler von den laufenden Einnahmen etwas ab haben 😉 ; aber da ich tatsächlich in 13 Jahren Selbständigkeit nicht ein einziges Mal auf die Rücklagen angewiesen war, ist am Ende doch ein hübsches Sümmchen zusammengekommen – welches ich jetzt zur Finanzierung meines Sabbaticals heranziehen kann, bevor die Inflation es auffrisst!)

Was noch? Ach ja, die Kinder!

Ich bin aktiver Vater von drei wunderbaren Kindern, die mich aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters von neun, 13 und 15 Jahren nicht mehr so sehr brauchen wie noch vor wenigen Jahren. Tatsächlich gab es da den einen Moment, wo ich morgens aufwachte und mich wunderte, was los ist – niemand zerrt an mir, niemand braucht konkret meine Hilfe, mein Tag ist nicht von morgens bis abends durchgeplant, was ist nur passiert? Ach so – die Kinder sind groß geworden! Und ich alt…

Und dann kam auch noch die Pandemie…

Im Sommer des Jahres 2022, kurz vor meinem 50. Geburtstag, war ich dann endgültig durch. Die Arbeit machte immer weniger Spaß, die Konzentration lies nach, die allgemeine Dysthymie stieg, und mein Körper machte immer weniger mit – ich kann inzwischen gar nicht mehr stundenlang am Rechner sitzen, ohne das mir der Popo furchtbar weg tut, und auch der Stehtisch bringt nur wenig Entlastung.

Ein Sabbatjahr dient oft dazu, die eigene Situation mit ein wenig Abstand zu betrachten, und vielleicht zukünftig einiges anders zu machen – aber dieser Aspekt spielt bei mir keine große Rolle: Ich werde auch nach meiner Auszeit in Berlin leben bleiben, mit meiner Frau und meinen Kindern, und ich werde weiterhin als Unternehmensberater und IT-Manager arbeiten (nur vielleicht ein wenig anders, idealerweise weniger – auf jeden Fall aber besser bezahlt, Inflation und so).

Was ich einfach mal brauche, ist eine Auszeit. Wo ich nicht mit krummem Rücken vor dem Computer sitze, kein Geld verdienen muss, und wo ich nicht von Termin zu Termin, sei es familiär oder beruflich, hetzen muss.

Man könnte auch sagen: Eigentlich muss ich zu Kur!

Und genau das ist der Plan – ab Weihnachten heißt es jeden Tag:

Gesunde, kalorienarme Ernährung! Es müssen noch 5-10 kg runter, damit nicht so viel Gewicht auf den Bewegungsapparat lastet!

Kein Alkohol, bzw. nur in Ausnahmefällen!

Jeden Tag 30 Minuten meditieren – die Zeit habe ich ja.

Jeden Tag 10 km bewegen, also zu Fuß gehen und / oder joggen

Jeden Tag Rückengymnastik! Das habe ich viel zu lange vernachlässigt…

Vielleicht komme ich damit ja sogar genug runter, um meinen Verbrauch von Ibuprofen gegen die Rückenschmerzen zu reduzieren, und vielleicht auch die psychischen Symptome meiner chronischen Überlastung (ich erspare euch die Details!) ein wenig zu dämpfen.

Klingt doch toll, oder?

Nur nicht wie Urlaub.

Ich mache keinen Urlaub! Ich mache ein Sabbatical!