Meine Lieben,
was wisst ihr über Singapur? Ich weiß z.B. aufgrund meines ausgeprägten Erdkunde- und Südostasien-Interesses (wobei ich die Kennzahlen natürlich gegoogelt habe), dass…
… Singapur an einer strategisch wichtigen Meerenge (heute genannt die „Straße von Singapur“) auf dem Seeweg von Indien nach China liegt, und dass deshalb die Briten dort einen kolonialen Stützpunkt errichtet hatten…
…die Stadt nach dem Zerfall des Britischen Weltreiches Teil des neu gegründeten Staates Malaysia wurde, sich aber nach zwei Jahren wiederum für unabhängig erklärte, und seitdem als Stadtstadt von der Fläche Hamburgs (aber mit heute bald sechs Millionen Einwohnern) besteht…
… die Singapurer ihre ehemaligen Kolonialherren in punkto Wirtschaftkraft und Infrastruktur weit hinter sich gelassen haben, mit dem zweithöchsten Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Welt, und Platz 11 im Human Development Index, drei Plätze nach Deutschland (bei uns sind freiheitliche Gesellschaft und Demokratie weiter entwickelt als in Singapur, aber mit der Infrastruktur können wir schon nicht mehr mithalten), und sieben Plätze vor Großbritannien
… hier strenge Regeln und Gesetze gelten, mit der Todesstrafe für Drogenhandel und Stockhieben für die Erregung öffentlichen Ärgernisses (die älteren erinnern sich vielleicht an den Fall Michael Peter Fay, und erst 2015 waren auch zwei Sprayer aus Leipzig betroffen), ansonsten laut Reiseführer: 20 S$ (15 €) Strafe für das nicht benutzen des Zebrastreifens, 500 S$ für Essen oder Trinken in öffentlichen Verkehrsmitteln, 1000 S$ für das Ausspucken auf die Straße oder das Kauen (!) von Kaugummis – und 150 S$ für das nicht betätigen der Toilettenspülung! Es gibt hier auch nicht die im ärmeren Südostasien verbreitete Korruption – Schmiergeld wird, anders als in Thailand, bei der Polizeikontrolle also nichts nutzen…
… die Bevölkerung mehrheitlich chinesischstämmig ist (wusste ich), zu 76,8 Prozent, neben 13,8 Prozent Malaien, 7,9 Prozent Indern und 1,4 Prozent anderen (habe ich nachgeschlagen), und dass die Verkehrssprache hier Englisch ist (habe ich heute gemerkt)…
Lieber Stefan Loose, seit 25 Jahren kaufe ich deine Bücher, du hast sicher nichts dagegen, wenn ich wieder einen Baustein aus deinem Reiseführer für meinen privaten und nicht-kommerziellen Blog verwende?
Singapore – ein Stadtstaat mit 5,6 Mio. Einwohnern, der Besucher an das Produkt eines perfektionistisch veranlagten SimCity-Spielers erinnert: glitzernde Wolkenkratzer, ultramoderne Einkaufszentren, gigantische, virtuos durchstrukturierte Wohnblocks, blitzsaubere Straßen und blühende Parks, alles von großer Hand geplant und penibel, akkurat und wirkungsvoll umgesetzt. Für manch ausländischen Touristen wirkt die Modernität und Sauberkeit verstörend, war so etwas doch in Südostasien nicht zu erwarten. Für andere wiederum ist die Stadt der Inbegriff von Langeweile, ist doch so vieles verboten und reglementiert. Solchen Vorurteilen zum Trotz zählt der Inselstaat zu den dynamischsten, innovativsten und vielseitigsten Städten der Welt. Früher war das anders, da assoziierte man statt Sicherheit und Effizienz eher Orient, Hafen und Armut, Chaos, Laster und Opium mit der Stadt. Rikscha-Kulis und Lastenträger drängten sich in den Gassen, Schieber und Perlenhändler gingen ihren zwielichtigen Geschäften nach. Finstere Typen schmiedeten Pläne unter rotierenden Ventilatoren, während Kellner mit weißen Jacketts Singapore Slings servierten. So ähnlich muss es gewesen sein, das Singapore der Engländer, das Singapore der Kolonialzeit. Obwohl – so lange ist das alles noch gar nicht her.
Ich habe ja hier nur einen ganzen Tag, um mir die Stadt anzusehen, und habe mir daher im Reiseführer…
(kleiner Exkurs – ich habe bisher nur einen einzigen Reiseführer dabei, „Südostasien – die Inselwelt“ von Stefan Loose, der Thailand, Malaysia, Singapur und Indonesien umfasst, und daher für jeden Ort nur relativ wenig Informationen bietet, was mir aber entgegen kommt. Ansonsten war das Buch ein Fehlkauf, weil es zu 50% aus Auflistungen von Hotels, Restaurants, Bars und Abfahrtszeiten besteht – ein „Traveller-Handbuch“ halt, was ich mir gekauft habe, weil ich das immer schon so gemacht habe – dabei ist das total anachronistisch, denn alle diese Informationen findet man heute viel besser und schneller im Internet!)
…neben dem kleinen kleinen kolonialen Viertel, wo ich „wohne“…
… drei „Sehenswürdigkeiten“ rausgesucht, die ich mir ansehen möchte:
1. Die „Gardens by the Bay„
2. Den Wohnkomplex und Aussichtspunt „The Pinnacle“ und
3. Das Raffles-Hotel
… und dazwischen natürlich zu Fuß und per U-Bahn die Stadt erkunden!
Erst mal ganz grundsätzlich: Ja, hier ist alles sehr modern, sehr edel und für Südostasien auch sehr sauber – aber ich hatte mir das noch krasser vorgestellt! Trotz der hohen Strafen werfen hier immer noch genug Leute ihren Müll auf den Boden, und es ist nicht so sauber wie… sagen wir: Zürich.
Andererseits – wir sind hier in der subtropischen Klimazone, wo alles schnell verwittert, wenn man es nicht pflegt – dafür ist hier schon alles extrem gut in Schuss.
Die Stadt ist grüner als andere Städte der Region, und fußgängerfreundlich… -er, aber man muss trotzdem teilweise 90 Sekunden auf grün warten.
Die Singapurer sind auf jeden Fall mega freundlich (und auch hilfsbereit), das muss man sagen! Als ich einmal vor der Mülltonne eines Restaurants saß und den Weg blockierte, sagte der Angestellte mit dem Müllsack in der Hand: Oh, sorry Sir, I’m really so sorry!
Und wenn ich, den Linksverkehr nicht gewohnt, auf der falschen Seite der Rolltreppe zu stehen komme, bildet sich hinter mir ein Stau der Laufenden (das Laufen auf der Rolltreppe ist, anders als in Bangkok, zumindest erlaubt!), aber niemand murrt oder sagt etwas…
Ach ja, die U-Bahn… da sieht man als Europäer mal, was im ÖPNV alles möglich sein könnte, z.B.
A propos Masken – von denen gibt es hier eine große Auswahl, entweder die typischen OP-Masken, überwiegend aber diese spezielle Form, die meine Essener Familie aufgetan hat! Die bei uns üblichen FFP2-Masken sind hier unbekannt.
In allen U-Bahnen Südostasiens gibt es das teilweise auch in Europa bekannte System, die Bahnsteige zum Gleis hin mit einer Wand abzugrenzen, die sich erst öffnet, wenn die Bahn da ist – ansonsten würde man nämlich nicht nur die Bahnhöfe auf 18° runterkühlen, sondern auch die Tunnel!
Und weil niemand mit nassen Klamotten bei 18° frieren möchte, gibt es ein Leihsystem für Schirme!
Und wenn einen die U-Bahn schon begeistert: SO sieht in Singapur der Soziale Wohnungsbau aus:
Ausblick vom Pinnacle@Duxton:
Am Ende des langen Tages wollte ich mir nun noch einen „Singapore Sling“ in der legendären „Long Bar“ des Raffles-Hotels gönnen – der wurde nämlich dort 1915 als erster Drink mit Alkohol und Fruchtsaft erfunden, damit die feinen Damen sich unerkannt betrinken können – mir war dann aber die Schlange zu lang.
Das Raffles-Hotel war zu Kolonialzeiten das erste Haus am Platz, wo Kreative wie Charlie Chaplin und Herman Hesse für längere Zeit abstiegen.
Das war es für heute, meine Lieben! Morgen werde ich dieses kleine Land schon wieder verlassen!
Ich bin auf Sentosa Island mal in eine Militärübung reingeraten. Ähm, ja – war eine Erfahrung.
Ansonsten erinnere ich mich an einen wunderschönen botanischen Garten in Singapur, hervorragend funktionierende Klimaanlagen, mehrere Starbucks und sehr teures Essen (im Vergleich zu Australien, wo ich vorher unterwegs war).